TaxPage – Mehrwertsteuer – ein Buch mit sieben Siegeln?
Einführung
Volk und Stände haben der Einführung einer 13. AHV-Rente zugestimmt. Im Mai 2024 hat der Bundesrat die Vernehmlassung über die Finanzierung der zusätzlichen Rente eröffnet. Die Zusatzkosten sollen demnach entweder durch höhere Lohnbeiträge oder einer Kombination von Lohnbeiträgen und der Erhöhung der Mehrwertsteuer ("MwSt.") erfolgen.
Per 1. Januar 2024 wurde die MwSt. um 0,4% erhöht, um die demografisch bedingten Mehrausgaben der AHV zu decken. Neu beträgt der Normalsatz 8,1%. Nun könnte die Mehrwertsteuer per 2026 um weitere 0,4% bis 0,6% ansteigen. Grund genug, ausgewählte Fragen der zweitwichtigsten Einnahmequelle des Bundes anzuschauen.
Die MwSt. ist eine sogenannte Allphasensteuer, das heisst, grundsätzlich werden auf dem Weg von der Herstellung bis zum Konsum sämtliche Umsätze besteuert. Um eine doppelte Besteuerung auszuschliessen, können die durch die Unternehmen bezahlte MwSt. als Vorsteuerabzug geltend gemacht werden. Soweit so einfach – die MwSt. hat aber diverse Tücken. Neben einem breiten Katalog von Ausnahmen und Sonderregeln, welche spezifisch für jedes Unternehmen abgeklärt werden müssen, stellt sich die Frage nach dem Ort einer Lieferung einer Leistung gemäss MwSt. Gesetz.
Ort einer Lieferung
Als Inland im Sinne der Mehrwertsteuer zählt nicht das Staatsgebiet der Schweiz, sondern das Zollgebiet. So gehören etwa die Bahnsteige des Badischen Bahnhofs in Basel nicht zum Zollgebiet der Schweiz. Auch die Talschaften Samnaun und Sampuoir im Kanton Graubünden sind nicht Teil des Schweizerischen Zollgebiets. Hingegen sind sowohl im Fürstentum Liechtenstein als auch in der deutschen Gemeinde Büsingen am Hochrhein die hiesigen Mehrwertsteuergesetzte einschlägig. Entscheidend für die Steuerbarkeit ist der Lieferort. Was also, wenn ich Produkte in die Talschaft Samnaun verkaufe?
Wird ein Gegenstand abgeholt, ist der Lieferort jener, an welchem der Erwerber die Verfügungsmacht über den Gegenstand erhält. Sprich, der Übergabeort ist gleichzeitig Lieferort. Liegt der Lieferort in der Talschaft Samnaun, gilt die Lieferung als im Ausland erbracht (und ist somit MwSt. befreit).
Versandlieferung
Anders verhält es sich bei der Versandlieferung. Als Lieferort gilt hier der Ort, an dem der Versand beginnt.
Sonderregelungen gibt es bezüglich Gas- und Stromlieferungen.
Nochmal anders ist die Sachlage, wenn Dienstleistungen erbracht werden. Im Fall einer Dienstleitung gelten die Talschaften Samnaun und Sampuoir wieder als Inland. Das heisst die erbrachten Dienstleitungen - wie etwa eine Hotelübernachtung - sind steuerbar.
Lieferung oder Dienstleistung
Aber aufgepasst: Nach MwSt-Gesetz gilt das Bearbeiten von Gegenständen auch dann als Lieferung, wenn sie nicht verändert werden. Wenn also z.B. eine Maschine in Betrieb genommen, ein Tisch abgeschliffen oder eine Waage geeicht wird, liegt eine Lieferung vor.
Fazit
Sie sehen also: Die Mehrwertsteuer ist mit rund 25 Milliarden jährlich "nur" die zweitwichtigste Einnahmequelle des Bundes – was die Komplexität betrifft, dürfte sie jedoch den Spitzenplatz belegen. Ob es im 2026 tatsächlich zu einer erneuten Erhöhung der Mehrwertsteuer kommen wird, wird sich zeigen. In jedem Fall lohnt es sich, die Ausnahmen und Regeln der MwSt. genau zu studieren und sich möglichst frühzeitig beraten zu lassen.
An article by Jil Suter